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Kann man Loyalität und Treue anordnen?

Früher war es nicht selbstverständlich, dass die Menschen, die in einer Stadt lebten, auch deren Bürger waren. In vielen Städten – so auch in Hardegsen – wurde zur Erlangung des Bürgerrechts ein Bürgereid geleistet. Dort wurden Rechte und Pflichten des Bürgers verankert.

Die Frage, wie man miteinander umgehen will, wird auch heutzutage in Verträgen festgelegt: in Kauf- oder Arbeitsverträgen. Wie soll es laufen, wenn es gut läuft – oder nicht so gut läuft.

1716:
„… Also verpflichten wir uns hinwieder wolgemeldten Raht dieser Stadt und ganzer Bürgerschafft treu und holdt zu seyn. Der Stadt Bestes zu suchen und zu nutzen, in Raht und Taht nicht da zu sein, wo selbsten gegen den Raht oder dise Stadt wohl schädlich gehandelt werde. Sondern wenn Wir etwas schädliches erfahren solches sofort sagen und einen Jeden vor Unheil warnen. Und wenn wir mit jemand in Streit gerathen nicht unser eigen Richter seyn noch andere Richter suchen sondern alles obgedachten Raht als erste Instantz ansehen und deren Herrschaft nicht entgehen sondern als gehorsame Bürger bezeigen und verhalten wollet. So wahr mir Gott helfe …“

Ich finde die Formulierung mit „Wir werden …“ spannend. Hört sich (fast) nach einer Vereinbarung auf Augenhöhe an.

1785 heißt der Bürgereid nun Huldigungseid und enthält Formulierungen wie: „…daß Ihr dem Magistrat hieselbst wollet treu hold und gehorsam seyn …“. Kein „Wir“ mehr, sondern mehr ein „Ihr habt zu …“.

Und 1815 hat das Ganze gar nichts mehr mit Augenhöhe und auch nicht mehr viel mit dem Leben in Hardegsen zu tun. Der Eid beginnt wie folgt: „… Ihr sollet geloben und schwören einen Eyd zu Gott und auf seyn Heiliges Wort daß Ihr dem Könige und der Constitution des Reichs wolt gehorsam und treu seyn …“. Weiter geht es: „… Besonders gelobe und schwöre ich, daß, nachdem ich zum Bürger hieselbst aufgenommen bin, den mir vorgesetzten Behörden namentlich auch dem magistrate (Bürgermeister und Rath) willige Folge und Gehorsahm leisten und meine Pflichten als Bürger gewissenhaft erfüllen und das Wohl der Stadt nach besten Kräften fördern will.“

Hier wird das eigene Wollen, Loyalität und Treue von oben angeordnet. Es geht vorrangig um den Erhalt der Machtstrukturen.

Heute wissen wir, dass man Vertrauen, Loyalität und Treue nur geschenkt bekommen kann. Wenn wir versuchen, Vertrauen einzufordern, geht „der Schuss nach hinten los“ – oft im wahrsten Sinne des Wortes. Wie gehen Sie und Ihre Kunden miteinander um? Welche Kultur haben Sie in Ihrem Unternehmen?

Auszüge aus: Hardegser Stadtanzeiger, 30.10.2009, 47/44, S. 6

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