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Überreden oder überzeugen? – Weshalb die Römer untergegangen sind.

Die alten Römer haben zwischen „überreden“ und „überzeugen“ nicht unterschieden (lat. persuadere). Kein Wunder, dass diese Weltmacht untergegangen ist. Natürlich kennen und nutzen Sie den Unterschied, oder?

Worum geht es nun beim „Überreden“
?
Beim Überreden soll der andere meine Meinung übernehmen. In Werbung und Propaganda wird häufig überredet. Im Verkauf wird dort überredet, wo es ein Hinterher nach dem Verkaufsabschluss nicht gibt oder nicht berücksichtigt wird („Wenn wir den Auftrag jetzt nicht bekommen, sind wir pleite…“).
Allgemein wird in Gesprächen überredet, in denen der Überredende die kurzfristige Zustimmung des Gegenüber braucht. Oder anders formuliert: dem Überredenden ist der mittel- und langfristige Preis seines Überredens nicht bewusst oder zweitrangig.
Haben wir es eilig, geraten wir häufig in die Kommunikationsform des Überredens. Das innere Gefühl des Überredenden ist dabei „Los, nun mach’/unterschreib’/kauf’ schon endlich …“, manchmal sagt er es sogar laut. Natürlich finden wir solche Gespräche nicht nur im Vertrieb, sondern auch in Gesprächen zwischen Kollegen, Personen verschiedener Hierarchiestufen und sogar (oder besonders?) im Freundeskreis oder der Familie.
Der Preis für das Überreden ist häufig hoch. Auf der Seite des Überredeten: er fühlt sich „über den Tisch gezogen“. So fehlt in der folgenden Ansprache des Vertriebsleiters an den Mitarbeiter die Wahlfreiheit des Mitarbeiters:  „Hier, das ist die Zielvereinbarung für nächstes Jahr. Unterschreiben Sie bitte unten links.“ Der Überredete fühlt sich innerlich nicht an die aus seiner Sicht erzwungene Zustimmung gebunden – es ist keine Vereinbarung, sondern nur eine Anweisung zum Unterschreiben. Jedes Problem mit einer solchen Nicht-Vereinbarung wird dem angelastet, der überredet hat. Wenn Sie überreden, nehmen Sie eine Hypothek auf, deren Preis Sie häufig in der Zukunft präsentiert bekommen. So verhält sich Ihr Kunde vielleicht bei einer Reklamation extrem stur oder Ihnen gelingt kein Anschlussgeschäft.
Es kann sein, dass der Kunde nicht bereit oder fähig ist, eine Entscheidung zu treffen. Wer kennt nicht den Kunden, der zaudert und förmlich danach schreit, überredet zu werden. Oft ist er im ersten Augenblick auch dankbar, dass ihm die Entscheidung abgenommen wurde und ist seinem Retter dankbar. Wichtig ist, zu erkennen, ob und warum man als Retter den Kunden überredet. Die gefühlte Verantwortung für die Kaufentscheidung liegt in diesem Fall nicht beim Kunden, sondern beim Verkäufer. Das geht auch in vielen Fällen gut. Es kann aber auch sein, dass der Kunden seinen Verkäufer bei einem Problem postwendend verantwortlich macht: „Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich mich ganz anders entschieden!“.
Auch Verkaufstechniken wie Ja-Straßen und Suggestivfragen sind für mich meistens Überreden-Varianten. Wenn mich ein Verkäufer anspricht mit: „Sie möchten doch bestimmt auch, dass …“, schrillen bei mir ein paar Alarmglocken. Das kann auch dann gelten, wenn mögliche Fragen und Argumente des Gegenüber vorweggenommen und für die eigene Argumentation verwendet werden: „Sie könnten natürlich jetzt einwenden, dass …, aber unser Produkt …“. In jedem Fall legt Ihr Gegenüber mit seiner Wahrnehmung fest, ob gerade überredet oder überzeugt wird. Was kennzeichnet nun also das Überzeugen?

Überzeugende Gespräche

Derjenige, der überzeugt, lässt dem Gesprächspartner die Wahl der Entscheidung. Derjenige, der überzeugt wird, stimmt freiwillig einem Angebot zu. Diese Form benötigt am Anfang mehr Vorbereitung, Übung und Zeit vom Verkäufer. Ich muss weg von den Standardfloskeln und die Begeisterungsfaktoren meiner Produkte und Dienstleistungen kennen, die der Kunde braucht. Und zwar nicht irgendein Kunde, sondern der, der mir gegenüber sitzt. Schaffe ich es, den Kunden zu überzeugen, habe ich nicht nur einen neuen Auftrag in der Tasche. Ein echt positives Kauferlebnis erzählen die Käufer ca. 3 mal weiter. Empfehlungen sind nun einmal das Salz in der Vertriebssuppe.
Eine langfristige Mitarbeiter- oder Kundenbindung benötigt den überzeugenden Kommunikationsstil. Die Zeit, die Sie in diese Bindung investieren, zahlt sich mittel- bzw. langfristig insbesondere auch finanziell mit einem hohen Prozentsatz aus.

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